Über die Küstenstraße nach Süden
Kurz vor Saltstraumen, unserem heutigen Etappenziel, sah ich links am Waldrand einen Elch stehen. Da kaum Verkehr war drehte ich um und tatsächlich stand da in ca. 150 m Entfernung ein kapitaler Elchbock. Ich konnte sogar aussteigen und mich ihm bis auf ca. 100 m nähern. Dabei schaute er mich immer an. Dann wurde es ihm doch zu blöd und ganz langsam drehte er sich um und verschwand im Wald. Auf jeden Fall hatte ich meine ersten Elchfotos in diesem Jahr auf dem Chip.
Am Saltstraumen parkten wir unter der Brücke. Die Attraktion ist der größte Mahlstrom der Welt. Gemäß den Gezeiten drängen 4-mal täglich ca. 375 Millionen Kubikmeter Wasser durch die Engstelle. Das Wasser hat dann eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h und bildet gewaltige Wasserstrudel mit bis zu 10 m Durchmesser. Je nach dem, ob Ebbe oder Flut, fließt das Wasser mal rein oder raus (aus dem Fjord). Zwischenzeitlich kommt es dann immer zu Phasen, in denen für kurze Zeit das Wasser ganz ruhig steht. Das sind dann auch die Phasen in den Schiffe die Stelle passieren können. Da wir in diesem Jahr unter der Brücke übernachteten, konnten wir alle Phasen des Wasserwechsels und zwei Schiffsdurchfahrten beobachten.
Apropos beobachten - auf dem Parkplatz konnte wir auch ein belgisches Welt-Reisemobil beobachten. Ein MAN Allrad-LKW aus den 70ern (geschätzt) . Allerdings hatten wir das Fahrzeug nach der Abfahrt auf der Saltstraumen-Brücke direkt vor uns und waren froh, dass er uns kurz danach vorbei ließ. So ein Fahrzeug mag in der Wüste vermutlich super sein, hier war es nur eine Bremse. Auf jeden Fall musste der Fahrer Nerven wie Drahtseile haben.
Auf unserem weiteren Weg sahen wir an ein Hinweisschild „Skulpturenlandskap". Anhalten und überraschen lassen. Diesmal handelt es sich um „den glömda staden" (die vergessene Stadt) ein Werk des Schweden Jan Håfström und zeigt die Fundamente und Grundmauern von Häusern. Das Besondere sind die verwendeten Steine. Ganz in der Nähe befindet sich auch Uhu, eine moderne Hütte an einem See. Direkt daneben stand auch eine alte Hütte aus Zweigen und Moosen.
Wir fuhren weiter bis Storvik. Hier befindet sich ein Rastplatz direkt an einem wunderschönen Sandstrand. Da war natürlich ein Spaziergang angesagt. Giovanni übte sich mal wieder im Wellenbeißen und wir konnten auch die Pullover ausziehen. Die Sonne kam durch und ließ alles viel freundlicher aussehen. Jetzt machte auch das Fahren wieder richtig Spaß. Mit Tempo 60 im vierten Gang - den linken Fuß auf dem Radkasten und den Arm auf der geöffneten Seitenscheibe - fuhren wir über die Rv17. Blaues Wasser, blauer Himmel und überall glitzert es. Wir durchquerten zwei lange Tunnel und konnten den Svartisengletscher sehen bzw. natürlich fotografieren. Kurz danach kam mit der Fähre von Forøy nach Ågskardet die erste Fährüberfahrt und bescherte uns herrliche Blicke vom Schiff auf die Berge. Es war schon Abend geworden und da wir mit der nächsten Fähre den Polarkreis überqueren würden, suchte ich vorher nach einem Stellplatz. Ich wollte noch einmal die Mitternachtssonne sehen. So übernachteten wir am Ende des Tjongsfjorden. Leider machten so kleine beißende Fliegen den Aufenthalt im Freien etwas unangenehm, aber für ein paar Fotos reichte es und man sah die Sonne auch durch das Wohnmobilfenster.
Der nächste Morgen begann nach dem Frühstück mit einer kurzen Fahrt nach Jektvik. Im Fährhafen konnten wir zunächst die Arbeit der norwegischen Post beim Verteilen auf die verschiedenen Fähren beobachten. Dann durften wir auf die Fähre nach Kilboghamn fahren. Die Überfahrt dauerte eine knappe Stunde. Bei herrlichem Sonnenschein suchten wir uns ein windgeschütztes Plätzchen auf dem Oberdeck. Wir beobachteten die anderen Fähren und bestaunten die Landschaft. Auch hier hatten wir das Gefühl, dass auf den Bergen noch mehr Schnee lag, als im letzten Jahr. Mit etwas Wehmut passierten wir das Polarkreissymbol. Jetzt würde es wieder lange dauern, bis wir um Mitternacht das Licht der Sonne sehen können.
Das folgende Stück der Rv17 war sehr schmal. Öfters mussten wir bei Gegenverkehr ganz dicht rechts ran fahren. Am Rastplatz bei Kystfort hielten wir an. Hier konnte man schön auf den Felsen spazieren gehen und hat dabei eine tolle Aussicht. Ich musste nur auf Giovanni aufpassen. Er wollte immer zum Wasser runter, aber dafür war es doch zu steil.
Wir umfuhren den Sjona und mussten auf der Südseite steil auf das Fjell hinauf. Wir wurden mit grandiosen Aussichten belohnt.
Von Nesna nach Levang erfolgte wieder eine kurze Fährüberfahrt. Kurz danach hatten wir im letzten Jahr die Rv17 verlassen und sind nach Mosjoen abgebogen. In diesem Jahr blieben wir auf der Rv17 und sollten kurz danach mit der Helgelandsbrua ein weiteres Highlights sehen. Sie ist mit 1065 m eine der längsten Schrägseil-Hängebrücken der Welt. Und nicht dass die Brücke Kunstwerk genug ist, so befindet sich hier auch noch die Skulptur Vindenes Hus (Windhaus) von Sissel Tolaas aus Norwegen. Ein Litfasssäulen ähnliches Gebilde ist mit Bullaugen und Windrädern versehen. Bei Wind sind immer mindestens zwei Räder in Bewegung.
Heute war unser Elchtag. Wir sahen insgesamt fünf von den Tieren. Zwei konnten wir fotografieren. Einen haben wir erst im letzten Moment gesehen. Er stand fünf Meter neben der Straße und war zum Glück am fressen. Da wird einem aber doch ganz anders, wenn man sich vorstellt, dass das Tier im nächsten Moment vor einem steht.
Nun umfuhren wir „die sieben Schwestern", eine zwischen 900 m und 1000 m hohe Bergformation mit, wie sollte es anders sein, sieben Gipfeln. Kurz danach erreichen wir in Tjøtta die nächste Fähre und hatten Glück, wir können sofort drauf fahren. Die Fähre von Tjøtta nach Forvik ist mit einer Fahrzeit von 60 Minuten eine der längsten und teuersten Fähren der Route. Für ein Wohnmobil bis 6,00 m bezahlt man 127 NKR und für 6,20 m ( 6,01 m bis 7,00 m) sind es schon 309 NKR. Oft haben wir Glück und der Kassierer sah das Hobby 600 über der Fahrertür und meint, das heißt 600 cm. So auch hier. Wir zahlten nur 127 NKR und außerdem war die Fähre fast leer. Gemeinsam mit einem Milchlaster und zwei PKW wirkte unser Wohnmobil einsam und verlassen auf der Fähre. Die meisten Touristen waren entweder nach Mosjoen abgebogen oder standen schon auf einem Stellplatz. Wir hatten die Fahrt wieder vom Sonnendeck aus genossen. Auf der einen Seite „die sieben Schwestern", auf der anderen Seite die hinter einer Nebelschicht liegende Insel Vega. Die Sonne strahlte am fast wolkenlosen Himmel und spiegelte sich im Wasser. Diese Schiffsfahrten waren eine willkommene Abwechslung und eine Bereicherung dieser Route.
Von Forvik aus sind es nur 17 km bis zur nach Anndalsvåg, dem nächsten Fährhafen. Auf dem Weg lag aber noch ein Kunstwerk des Skulpturenlandskaps und wir fanden auch den Parkplatz. Nur kein Kunstwerk. Es ging auch kein Weg vom Parkplatz weg. Resigniert stiegen wir wieder ein. Im Internet recherchierten wir später, dass das Kunstwerk auf dem Felsen war. Wir hätten nur nach oben gucken müssen, anstatt auf dem Boden nach einem Weg zu suchen. Egal, noch ein Grund noch einmal wiederzukommen.
Unsere Kunstwerksuche hatte aber dazu geführt, dass wir die Fähre nach Horn gerade wegfahren sahen. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als mit Giovanni spazieren zu gehen und in den Büchern weiter zu lesen.
Gegen 21:00 Uhr setzten wir dann endlich über. Da die Sonne noch so schön schien, fahren wir noch ein Stück. Es geht vorbei am Torghattan, dem Berg mit dem Loch, der wie ein Hut aussieht. In Berg musste ich tanken und wir sahen am Hafen ein Womo stehen. Das wurde dann auch unser Platz für die Nacht. Ich ging mit Giovanni noch eine Runde und sah, wie die tief stehende Sonne die Häuser auf der anderen Seite des Hafens beleuchtete - super! Ich war von diesen Bildern so angetan, dass ich mich noch ins Führerhaus setzte und las. Gegen Mitternacht kamen ein paar Jugendliche in Shorts und gingen doch tatsächlich schwimmen. Ich weiß nicht, ob sie betrunken waren, aber lustig waren sie auf jeden Fall. Auf dem Rückweg bekam ich sogar eine gratis Striptease-Vorstellung. Da hatte ich aber auch Spaß gehabt.
Das erste, was wir am nächsten Morgen nach der Abfahrt sehen, war ... ein Elch. Morgens um 11:00 Uhr ließ er sich von uns fotografieren. In diesem Teil der Route wird sehr viel Landwirtschaft betrieben. Das muss wohl auch eine gute Grundlage für die Elche sein.
In Vennesund erreichten wir die sechste und für uns auf dieser Route letzte Fähre. Noch einmal 20 Minuten tolle Schiffsfahrt bei blauem Himmel, strahlender Sonne, ruhigem Wasser, schneebedeckten Bergen......
Ab Holm wurde die Landschaft wieder etwas rauer. Tief ins Land geschnittene Fjorde und steile Berghänge bestimmten das Bild. Wir fanden einen Rastplatz mit kristallklarem Wasser. Da konnte man Giovanni beim Schwimmen auch mal auf die Pfoten schauen.
Tunnel und Brücken wechselten sich ab. Ich fragte mich immer, mussten die erst den Tunnel bauen, um die Brücke bauen zu können, oder umgekehrt? Schon beeindruckend, wie die Norweger das raue Land verkehrstechnisch erschlossen haben.
Bei Overhalla fanden wir einen schönen Rastplatz auf einem Hügel. Unter blühenden Fliederbäumen genossen wir unseren Kuchen und die Aussicht. Es war mittlerweile so warm, dass wir den Schatten suchten.
Hinter Namsos fuhren wir ein Stück am Fjord längs. An einem Parkplatz wollte ich Giovanni noch einmal schwimmen lassen. Dabei stellte ich fest, dass das Wasser sehr warm war. Also Badehose angezogen und das erste Bad in diesem Urlaub genommen. Herrlich, wunderbar und es war tatsächlich Salzwasser. Natürlich durfte Giovanni auch schwimmen. Allerdings musste er arbeiten und seinen Ring immer wiederholen.
Am Abend erreichten wir Steinkjer, den Endpunkt der Rv17. In der Stadt war einiges los. Als ich den Campingplatz ansteuerte, teilte uns die junge Dame mit, dass heute Abend ein Konzert von Pink Floyd wäre und es etwas lauter werden könnte. Naja, es war nur Musik von Pink Floyd, gespielt von verschiedenen Bands im Rahmen des Steinkjer Festival, das an diesem Wochenende stattfand. Und zu laut war es auch nicht.
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